
Der Weiher in Stadel
Ich will ja niemandem vorgreifen, schon gar nicht den wortgewandten Schreiberlingen, die bestimmt gerade eifrig an ihren literarischen Meisterwerken über das Event des Sommers feilen. Da wird sicher bald in aller Ausführlichkeit über Planschvergnügen, Bikinikatastrophen und Sektfontänen berichtet.
Aber ich dachte mir, warum nicht einfach mal nach der Party ein paar ehrliche Worte verlieren? Aus der Sicht eines Mannes, der weiß, wie es ist, wenn das Sitzfleisch müde wird und der Kreislauf beim zweiten Cocktail schon beginnt, Fragen zu stellen.
Ich bin also gestern frühzeitig abgehauen, ja ich geb’s zu. Als etwas älterer Herr mit leichtem Ziehen im Knie und einer natürlichen Abneigung gegen laute Musik nach 21 Uhr habe ich halt nicht mehr dieselbe Power wie die jungen Hüpfer, die da völlig enthemmt in aufblasbaren Flamingos herumrutschten.
Heute früh, noch vor dem ersten Hahnenschrei (also gegen sechs), packte mich die sentimentale Ader ,oder vielleicht war es einfach nur mein Blasenfüllstand , und ich schlenderte nochmal zum Weiher in Stadel. Natürlich nur, um die friedliche Morgenstimmung zu genießen… und ganz vielleicht auch, um in Gedanken die anmutige Choreografie der Badenixen Revue passieren zu lassen. Also, wegen der ästhetischen Körperführung. Rein sportlich betrachtet, versteht sich..
Doch was ich dort vorfand, war kein stilles Idyll. Es war ein feuchtfröhliches Nachkriegsgebiet.
Ich stand da und dachte mir nur: Ach du Scheiße.
Brago, du altes Feierbiest, du machst eine Party, meinetwegen. Aber das hier? Das sah aus, als hätte Sauron persönlich mit zehn Trollhorden eine Schaumparty gefeiert und dabei sämtliche Regeln des Anstands in den Matsch getreten.
Ich blickte suchend um den Weiher, ob vielleicht noch irgendwo Alkoholleichen im Gras lagen oder Brago selbst noch seinen Rausch zwischen den Schilfrohren ausschlief, vielleicht eng umschlungen mit einer Gummiente. Aber nein , keine Spur von ihm. Nur leere Flaschen, ein halber Sonnenstuhl, schief stehende bunte Schirme, aufblasbare Matratzen im Gestrüpp und eine merkwürdig riechende Lache, die definitiv nicht da hingehört. Und irgendwo schimmerte eine glitzernde Sonnenbrille, als wäre sie das letzte Relikt einer untergegangenen Zivilisation.
Als Bürger Mittelerdes mit Zweitwohnsitz in Bree (ich zahle meine Steuern, jawohl) kann ich nicht einfach wegsehen. Ich erwarte ,nein, ich fordere, dass nach so einer Sauerei der Urzustand wiederhergestellt wird. Schließlich leben da echte Fische. Fische mit Gefühlen.
Nach einer Party, so bunt und laut sie auch sein mag, hat der Ort wieder ordentlich auszusehen. Alles andere ist ein Affront gegenüber Flora, Fauna und gesundem Menschenverstand. Ich meine , denkt denn niemand an die Fische? Die schwimmen jetzt zwischen Cocktailresten und Gummipalmen. Was da gestern abging, das war keine Party, das war ein Ausschweifungsfestival deluxe. Ich will mir gar nicht vorstellen, was da in den Hecken passiert ist. Orgie ist noch freundlich ausgedrückt. Ekelhaft. Pfui!
Darum möchte ich hiermit offiziell, ja mit Aushang, deutlich darauf hinweisen:
Dieser Unrat muss beseitigt werden. Brago, räum auf. Sofort.
Sonst sehe ich mich gezwungen, meiner bürgerlichen Pflicht nachzugehen und beim Bürgermeister von Bree persönlich vorzusprechen.
Die armen Fische.